Entscheide des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts (KW 37 - 2022)

Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts, die zwischen 12. - 18. September 2022 publiziert wurden:

Urteil vom 24. August 2022 (A-4282/2021): Mehrwertsteuer (2016-2019); Ermessenseinschätzung; Das BVGer prüfte die Ermessenseinschätzung eines im Nebenberuf tätigen und nach Saldosteuersatzmethode sowie nach vereinnahmten Entgelten abrechnenden Rechtsanwalts (Steuerpflichtiger) in drei Schritten. Zuerst wurde geprüft, ob die Ermessenseinschätzung rechtmässig erfolgte (Voraussetzungen). Vorliegend waren die Verstösse gegen die formellen Buchhaltungsvorschriften derart gravierend, dass die materielle Richtigkeit der Buchhaltungsergebnisse in Frage gestellt war und die ESTV eine Ermessenseinschätzung sogar vornehmen musste. In einem zweiten Schritt fragte des BVGer danach, ob die ESTV die Ermessenseinschätzung pflichtgemäss vorgenommen hatte. Indem die ESTV unter anderem die bis auf ein Vollzeitpensum stetig erhöhte unselbständige Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen unberücksichtigt liess, erschien die Vorgehensweise vorliegend als nicht sachgerecht. Das BVGer wies die Sache zur Neuberechnung an die ESTV zurück. Hätte sich die Schätzung der ESTV nicht als pflichtwidrig herausgestellt, hätte der Steuerpflichtige in einem dritten Schritt den Nachweis für die offensichtliche Unrichtigkeit der Schätzung erbringen müssen. Teilweise Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen in Bezug auf die Zurückweisung an die ESTV. Im übrigen Abweisung der Beschwerde.
Urteil vom 31. August 2022 (A-1909/2021): Mehrwertsteuer; nicht unternehmerischer Bereich; Vorsteuerkorrektur (2012-2016); Streitig und zu prüfen ist eine Vorsteuerkorrektur und ob die aus einem Musical generierten Einnahmen als unternehmerische Tätigkeit zu qualifizieren sind. Das Bundesverwaltungsgericht hält fest, dass bei der Unterscheidung zwischen einem unternehmerischen und einem nicht unternehmerischen Bereich eines Unternehmensträgers es unerheblich ist, wie die Bereiche finanziert werden. Es komme einzig darauf an, ob mit den in den unterschiedlichen Bereichen ausgeführten Tätigkeiten nachhaltig Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt werden sollen. Unbestritten und dem Zweck des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, dass es sich bei ihm um einen Verein mit ideeller Zielsetzung handelt. Seine Haupttätigkeit sei denn auch diesem Zweck gewidmet, wobei im Hinblick auf die Erreichung dieses Zwecks die Durchführung des Musicals wesentlich sei. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu Schluss, dass der eigentliche Beweggrund zur Veranstaltung der Musicals nicht die Erzielung von Einnahmen bildet, sondern die Verfolgung ideeller Zwecke. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
Urteil vom 29. August 2022 (A-5145/2021): Zoll - Tarifierung; Im vorliegenden Fall war die Tarifeinreihung der aus Spanien eingeführten Fleischstücke vom Spanischen Schwarzen Schwein mit der Bezeichnung «Secreto Ibérico» strittig und zu prüfen. Im Streit war konkret die Einreihung in die schweizerische Unternummer 91 («Carrés und Teile davon», Zollansatz Fr. 2'304.-- / 100 kg brutto) oder 99 («anderes», Zollansatz Fr. 396.-- / 100 kg brutto). Da die zusätzlichen Beweiserhebungen sich voraussichtlich aufwendig und sehr technisch gestalten, wurde die Beschwerde der Abgabepflichtigen mit Rückweisung an die Vorinstanz gutgeheissen.
Urteil vom 23. August 2022 (A-3809/2021): Zoll; Sicherstellungsverfügung; Der Begriff Zollforderung im Zusammenhang mit Sicherstellungsverfügungen ist nach der Auslegung weit zu fassen und umfasst Zollabgaben und Zinsen nach nicht zollrechtlichen Erlassen des Bundes, Bussen sowie Gebühren, Verfahrens- und andere Kosten. Da der Beschwerdeführer im Zahlungsverzug des rechtskräftig Teils der streitbetroffenen Zollforderungen war und sie nicht beglichen hat (siehe Urteil des BGer vom 12. November 2021 (6B_938/2020, 6B_942/2020) sowie unseren Beitrag vom 19. Dezember 2021) liegt eine Gefährdung der Zollforderung vor. Abweisung der Beschwerde des Abgabepflichtigen.
Urteil vom 23. August 2022 (A-3817/2021): Zoll; Sicherstellungsverfügung; Aufgrund der fehlenden Solidarhaftung von Bussen und der damit zusammenhängenden Spruch- und Schreibgebühren, kann keine Sicherstellung bei Dritten veranlasst werden. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Abgabepflichtigen.

Entscheide im Bereich der Amtshilfe (inkl. Wiederpublikationen / Updates bzgl. Weiterzug):