Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 11. - 17. November 2024 publiziert wurden:
- Urteil vom 25. Oktober 2024 (9C_482/2024): Mehrwertsteuer (2013-2017); die vermeintlich steuerpflichtige und im Ausland ansässige Beschwerdeführerin führt Online-Sportwetten durch. Mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin in der Schweiz elektronische Dienstleistungen erbringe, trug die ESTV die Beschwerdeführerin rückwirkend auf den 1. Januar 2013 in das MWST-Register ein (Art. 10 Abs. 2 Bst. b MWSTG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 MWSTV). Die Qualifikation einer Dienstleistung als elektronische Dienstleistung im Sinn von Art. 10 MWSTV setzt gemäss ESTV insbesondere voraus, dass die Dienstleistung automatisiert erbracht wird und die menschliche Beteiligung seitens des Leistungserbringers minimal ist (MWST-Branchen-Info 13). Die Erfüllung dieser Voraussetzung war vorliegend umstritten. Das BGer kam zum Schluss, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten menschlichen Interventionen zwar von erheblicher Bedeutung seien, die menschliche Beteiligung vorliegend aber vor bzw. ausserhalb der auf vertraglicher Grundlage erbrachten Dienstleistung erfolge. Ein Leistungsverhältnis werde erst begründet, wenn ein Kunde die Wette mit der angebotenen Quote eingeht. Auch der Kundensupport stellt gemäss BGer keinen Bestandteil der eigentlichen Leistung dar («bloss zugeordnete Funktion» zur [elektronischen] Dienstleistung) und hindert die Qualifizierung der Onlinewetten als elektronische Dienstleistung somit nicht. Abweisung der Beschwerde des ausländischen Unternehmens.
- Urteil vom 21. Oktober 2024 (9C_634/2023): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2012-2017 (Zürich); strittig war das Vorliegen neuer Tatsachen für die Nachbesteuerung des Eigenmietwertes sowie die Frage, ob eine Unternutzung die Aufrechnung kompensieren kann. Der Steuerpflichtige deklarierte in der Steuerperiode 2011, in welcher er Mitte Jahr eine Liegenschaft erworben hatte, die Hälfte des amtlich festgelegten Eigenmietwertes. In den folgenden Steuerperioden deklarierte der Steuerpflichtige weiterhin nur die Hälfte des Eigenmietwerts. Im Nachsteuerverfahren berief sich der Steuerpflichtige unter anderem auf den Auszug eines Kindes im Jahr 2012 und machte einen Unternutzungsabzug geltend. Das BGer bestätigte zunächst das Vorliegen neuer Tatsachen für die strittigen Jahre und verneinte eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes. Weiter hielt es fest, dass steuermindernde Tatsachen nur geltend gemacht werden können, wenn sie im Zusammenhang mit dem Nachsteuerverfahren stehen und aus Sicht des Steuerpflichtigen neu sind, indem ihre nachträgliche Geltendmachung durch den Nachsteuergrund veranlasst wird. Letzteres sei hier nicht der Fall gewesen. Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers.
- Urteil vom 9. Oktober 2024 (9C_602/2023): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2019 (Luzern); streitig ist, ob die Rente aus dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein als Leibrente im Sinne von Art. 22 Abs. 3 DBG resp. Art. 7 Abs. 2 StHG qualifiziert oder voll steuerbar ist. Das Kantonsgericht hat in Würdigung der Satzungen des Versorgungswerks der Zahnärztekammer, erwogen, dass die dem Steuerpflichtigen ausgerichteten Leistungen steuerrechtlich als solche der 1. bzw. der 2. Säule zu qualifizieren seien. Damit ist es zum gleichen Ergebnis gekommen, wie unlängst das BGer bezüglich ähnlicher Leistungen der Bayerischen Ärzteversorgung (BGE 150 II 202). Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 30. Oktober 2024 (9C_176/2024): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2020 (Genf); strittig war die einkommenssteuerliche Erfassung einer Ausschüttung einer Stiftung durch die Steuerverwaltung, welche das Stiftungskapital aufgrund der transparenten Behandlung der Stiftung bereits (teilweise) der Erbschaftssteuer unterworfen hatte. Nachdem die erste kantonale Instanz einen unzulässigen Methodendualismus angenommen hatte, verneinte die zweite Instanz diesen und bestätigte die Auffassung der Steuerverwaltung. Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, es seien unterschiedliche Steuerpflichtige betroffen, nämlich die Erbengemeinschaft der Erblasserin für die Erbschaftssteuer und die Beschwerdeführerin für die Einkommenssteuer. Das BGer hielt demgegenüber fest, dass nicht von unterschiedlichen Steuerpflichtigen ausgegangen werden könne, zumal auch die Beschwerdeführerin Teil der Erbengemeinschaft gewesen sei. Im Weiteren folgte das BGer der Beschwerdeführerin und bestätigte, dass die Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise für die Erbschaftssteuer und die Anwendung einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise für die Einkommenssteuer einen unzulässigen Methodendualismus darstelle. Gutheissung der Beschwerde der Beschwerdeführerin.
- Urteil vom 16. Oktober 2024 (9C_500/2023): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2019 (Freiburg); der Rechtsstreit betrifft den Abzug von Unterhaltskosten für die Liegenschaft der Steuerpflichtigen. Insbesondere geht es darum zu prüfen, ob die Abzugsfähigkeit der im Jahr 2018 geleisteten Anzahlungen (in Höhe von CHF 38'160) für die Photovoltaikanlage für das Steuerjahr 2019 zulässigerweise verneint wurde. Das Kantonsgericht stellte fest, dass für die Arbeiten zur Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Gebäude mit einer Rechnung vom 16. Mai 2018 eine erste Anzahlung von CHF 21'200 verlangt und am 25. Juni 2018 bezahlt worden war; eine zweite Anzahlung von CHF 16'960 gemäss einer Rechnung vom 19. Juni 2018 war am 9. Oktober 2018 geleistet worden. Die Rechnung mit einem ausstehenden Betrag von CHF 4'714 wurde am 31. Dezember 2018 ausgestellt und am 1. April 2019 beglichen. Nach Ansicht der kantonalen Richter hatte die KStV die Akontozahlungen von CHF 21'200 und CHF 16'960 zu Recht nicht als Liegenschaftsunterhaltskosten für die Steuerperiode 2019 anerkannt. Das BGer bestätigt im vorliegenden Fall, dass die Anzahlungen im Jahr 2018 in Rechnung gestellt sowie zu diesem Zeitpunkt fällig und damit zu Recht nicht als Liegenschaftsunterhaltskosten für die Steuerperiode 2019 anerkannt wurden. Die Beschwerde wird abgewiesen.
- Urteil vom 25. Oktober 2024 (9C_456/2024) und Urteil vom 25. Oktober 2024 (9C_457/2024): Direkte Bundessteuer 2021, Ordnungsbusse; die Ordnungsbussen über je CHF 100 für A.A. und B.A. wegen wiederholtem Nichteinreichen der Steuererklärung (Verfahrenspflichtverletzung) verletzt kein Bundesrecht. Weiter liegt keine Doppel-Busse vor, da beide ihre Mitwirkungspflicht verletzt haben (anders verhielte es sich, wenn es um Einkommensbestandteile ginge, die nur einen Ehegatten betreffen, was vorliegend nicht der Fall ist). Abweisung der beiden Beschwerden der Steuerpflichtigen.
Nichteinreten:
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.