Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 31. Oktober - 6. November 2022 publiziert wurden:

  • Urteil vom 23. September 2022 (2C_35/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2008 bis 2010 (Zürich); im Zuge einer 2016 bei der A. AG durchgeführten Buchprüfung gelangte das Kantonale Steueramt Zürich zum Ergebnis, dass der statutarische Sitz der B. AG in Appenzell Ausserrhoden lediglich ein Scheindomizil darstellte und sich der tatsächliche Sitz der Gesellschaft am Sitz ihrer Schwestergesellschaft befand. Das Bundesgericht bestätigte in seinem Urteil vom 1. Oktober 2019 (2C_592/2018) die Steuerhoheit des Kantons Zürich für die Steuerperioden 2011 bis 2013. Infolgedessen hob das Kantonale Steueramt Zürich die Sistierung des Nachsteuerverfahrens für die Steuerjahre 2008 bis 2010 auf. Daraufhin verlangte die Beschwerdeführerin, das Nachsteuerverfahren erneut zu sistieren und zunächst in einem Vorentscheid festzustellen, welchem Kanton für die Jahre 2008 bis 2010 die Steuerhoheit zustehe. Das Bundesgericht kommt auch für die Jahre 2008 bis 2010 zum Schluss, dass sich lediglich der statuarische Sitz in Appenzell Ausserrhoden befand. Was die Aufhebung der definitiven Steuerveranlagungen des Kantons Appenzell Ausserrhoden angeht, müsse sich die Beschwerdeführerin ein treuwidriges Verhalten anrechnen lassen, da die damalige Vertreterin im Oktober 2010 gegenüber der Steuerverwaltung des Kantons Appenzell Ausserrhoden falsche Angaben machte. Es läge auf der Hand, dass die damalige Steuervertreterin sich auch hinsichtlich des Zeitraums von 2008 bis 2010 darüber im Klaren sein musste, dass ein kollidierender Steueranspruch im Kanton Zürich bestand, weshalb keine Aufhebung der Veranlagungen für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 bis 2010 des Kantons Appenzell Ausserrhoden zu erfolgen hat. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 23. September 2022 (2C_615/2021): Staats- und Gemeindesteuern 2017 (Luzern); Interkantonale Doppelbesteuerung; Streitig ist, welcher Kanton (NW oder LU) den Teil des Unternehmensgewinns besteuern darf, den der Wohnsitzkanton NW für sich als Arbeitsentgelt in Anspruch nimmt. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, das in einer Geschäftsniederlassung mit ständigen Einrichtungen erzielt wird, ist am Geschäftsort zu versteuern. Nach einer althergebrachten Rechtsprechung verbleiben Einkünfte eines Gesellschafters einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft aus persönlicher Arbeit für die Gesellschaft dem Wohnsitzkanton. Mangels Eintrag im Handelsregister kann das Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Mitgesellschafterin (beide Physiotherapeutinnen) nur dann eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft darstellen, wenn sie sich zum Zweck vereinigt haben, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben. Praxisgemäss gelten die freien Berufe nicht als ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe. Von einem nach kaufmännischer Art geführten Unternehmen ist jedoch praxisgemäss auszugehen, wenn das Streben nach Wirtschaftlichkeit gegenüber der persönlichen Beziehung zum Patienten oder Klienten in den Vordergrund tritt. Der Kanton Luzern gelangt zum Schluss, dass bei einem Physiotherapeuten die persönliche Beziehung zum Patienten im Vordergrund stehe. Dem ist zuzustimmen. Zudem verfügt die Physiotherapiepraxis über keine eigenen Internetauftritt, ist aber im Online-Firmenverzeichnis und auf telsearch.ch verzeichnet. Der Umsatz von rund CHF 695'000 ist erheblich. Trotzdem liegt kein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe vor. Der Kanton NW legt für seinen Standpunkt, es liege eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft vor, keine Beweise dar. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen gegen den Kanton Nidwalden.
  • Urteil vom 27. September 2022 (2C_519/2022): Benützungsgebühren 2019 (Freiburg); Die durch die Vorinstanz bestätigte Erhebung einer (mengenunabhängigen) Grundgebühr zusätzlich zu einer (mengenabhängigen) Betriebsgebühr für Wasser, Abwasser und Kehricht ist nicht willkürlich. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 28. September 2022 (2C_530/2022): Benützungsgebühren 2014-2018 (Freiburg), unentgeltliche Rechtspflege; Abweisung der Beschwerde der Gebührenpflichtigen.
  • Urteil vom 21. September 2022 (2C_744/2021): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Wallis); Streitig ist, ob die Steuerpflichtigen die geltend gemachten Kosten für die Renovation beider Ställe als Unterhaltskosten in Abzug bringen dürfen. Praxisgemäss stellt eine Totalsanierung, die praktisch einem Neubau gleichkommt, aus steuerlicher Sicht eine Herstellung dar, weshalb die damit verbundenen Kosten einkommenssteuerlich nicht absetzbar sind. Auch ein völliger Um- oder Ausbau einer Liegenschaft kommt wirtschaftlich einem Neubau gleich. Von einem wirtschaftlichen Neubau ist demnach etwa auszugehen, wenn das Investitionsvolumen die Anschaffungskosten übersteigt, sodass von Herstellungskosten zu sprechen ist. In all diesen Fällen gelangt eine Gesamtbetrachtung zur Anwendung und der Abzug für sämtliche ausgeführten Unterhaltsarbeiten ist zu verweigern. Im vorliegenden Fall sind die durchgeführten Arbeiten sehr umfangreich und insbesondere Dächer, Wände, Wasserleitungen und Sickergruben wurden erneuert sowie eine Mauer neu aufgebaut und der Stromanschluss in den Boden verlegt. Vorliegend kann man von einer umfassenden Instandstellung der Ställe sprechen. Somit sind dies keine Unterhaltskosten. Gutheissung der Beschwerde der Steuerverwaltung Wallis.
  • Urteil vom 12. Oktober 2022 (2C_305/2022): Wassergebühren 2015-2018 (Appenzell Ausserrhoden); Ein verwaltungsrechtlicher Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer (Grundeigentümer), der Belegenheitsgemeinde und dem Departement für Gesundheit und Soziales des Kantons AR zur Erledigung aller sozialhilferechtlichen Ansprüche und damit zusammenhängenden Verfahren vermag nicht die Abgabepflicht für Wassergebühren des Grundeigentümers aufzuheben. Sofern das kommunale Recht keinen Erlass der Wassergebühren vorsieht, verfügt die öffentliche Hand über kein Entscheidungsermessen. Das Legalitätsprinzip gebietet, dass die Veranlagungsbehörde abgaberechtliche Forderungen verlangen und beziehen "kann und muss". Weiter hat der Beschwerdeführer versäumt zu erläutern, inwiefern die Vorinstanz gegen das allgemeine Willkürverbot verstossen habe. Auch soll eine Feststellungsklage der abgabepflichtigen Person nicht einen "zweiten Rechtsweg" eröffnen. Abweisung der Laienbeschwerde, soweit darauf eingetreten wird.
  • Urteil vom 23. September 2022 (2C_382/2021) - zur Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer 2017; Ermittlung des Reineinkommens; Das Bundesgericht hat entschieden, dass Anwaltskosten, die durch ein Verfahren zur Durchsetzung von Unterhaltszahlungen entstehen, nicht als Gewinnungskosten vom Einkommen abzuziehen sind. Die Vielfalt der im Scheidungsverfahren behandelten Themen verhindert die Herstellung eines direkten und engen Konnexes zwischen den Anwaltskosten und dem Einkommen aus Unterhaltsbeiträgen. Weiter würde ein solcher Abzug das geltende Kongruenzprinzip zwischen den früheren Ehegatten, dass alle entsprechenden Leistungen, die beim Empfänger besteuert werden, vom Leistenden in Abzug gebracht werden können, relativieren. Gutheissung der Beschwerde der ESTV.
  • Urteil vom 14. Oktober 2022 (2C_639/2022): Nachsteuer- und Steuerstrafverfahren bei selbständiger Erwerbstätigkeit; Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2007-2013; Vorliegend hatten die Steuerpflichtigen über einen längeren Zeitraum  keine Konten im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen selbständigen Erwerbstätigkeit geführt. Es obliegt den Rechtsmittelführern, nachzuweisen, dass diverse Darlehen, die ihnen zugute kamen, tatsächlich neutrale Finanzgeschäfte gewesen wären. Die Steuerverwaltung hat Kredite, deren Herkunft und Existenz von den Steuerpflichtigen nicht geeignet nachgewiesen werden konnten, rechtens als Einkünfte im Sinne der Reinvermögenszugangstheorie besteuert. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen soweit darauf einzutreten ist.

Nichteintreten:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.