Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in den Wochen vom 2. - 22. Juli 2018 publiziert wurden.

  • Urteil vom 15. Juni 2018 (2C_760/2017): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2003 - 2009; Nachsteuer- und Bussenverfügung; die Eröffnung des Nach- und Strafsteuerverfahrens war rechtens; in Bezug auf die Bussenverfügung für die Steuerperiode 2003 ist die als lex mitior anwendbare Verjährungsfrist gemäss Art. 184 Abs. 1 lit. b Ziff. 1  i.V.m. Abs. 2 DBG und der analogen StHG-Bestimmung allerdings bereits abgelaufen, da die Steuerverwaltung erst Mitte 2014 verfügt hat; die Beschwerde des Steuerpflichtigen wird teilweise gutgeheissen.
  • Urteil vom 15. Juni 2018 (2C_203/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2014 (Luzern); die überschuldeten Beschwerdeführer verkauften im August 2015 sämtliche Anteile an der ohne das Darlehen ebenfalls überschuldeten Aktiengesellschaft, über die nur wenige Monate danach der Konkurs eröffnet wurde, für einen symbolischen Franken an einen mittellosen Käufer, der sämtliche Rechte und Verpflichtungen von den Ehegatten übernahm; aufgrund der inhaltlichen Gestaltung, der persönlichen finanziellen Situation der beiden Vertragspartner und der gegebenen Umstände des Geschäftsabschlusses hat die Vorinstanz festgehalten, dass die Vereinbarung bezweckte und zur Folge hatte, die Beschwerdeführer davon zu entbinden, das Darlehen zurückzahlen zu müssen oder dafür in irgendeiner Weise zur Rechenschaft gezogen zu werden; das Fehlen von Rückzahlungsfähigkeit und -wille hat zudem nicht erst im Zeitpunkt der Vereinbarung mit dem mittellosen Käufer bestanden, sondern bereits in der Steuerperiode 2014; ein mit den Beschwerdeführern nicht verbundener Kreditgeber hätte ein Darlehen nie abgeschlossen oder beibehalten, ohne von ihnen namentlich beträchtliche Sicherheiten zu verlangen; spätestens 2014 handelte es sich somit um ein simuliertes Darlehen und eine geldwerte Leistung; die Beschwerde der Beschwerdeführer wird abgewiesen.
  • Urteil vom 15. Juni 2018 (2C_276/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2009 - 2011 (Appenzell Ausserrhoden); umstritten waren die Aufrechnungen «Motorsportaktivitäten», «Bussen» und «Materialeinkauf 2011» auf Ebene der Beschwerdeführer (Ehegatten). Die Vorinstanz erwog, dass der Ehemann geldwerte Leistungen von der von ihm mehrheitlich gehaltenen GmbH erhalten habe. Die operative Tätigkeit der GmbH bezweckt hauptsächlich die Montage und Reparatur von Fenstern. Der Ehemann ist in der Freizeit Motorsportaktivitäten nachgegangen, wobei die Auslagen jeweils von der GmbH getragen wurden. Dass die sportlichen Aktivitäten zur Kundenpflege genutzt wurden und zu neuen Aufträgen geführt hätten, konnten die Beschwerdeführer nicht darlegen. Daher gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass die Kosten der Deckung der eigenen Interessen des Gesellschafters und damit des privaten Lebensaufwandes dienten. Auch die Aufrechnung betreffend die «Bussen» sah das Bundesgericht als gerechtfertigt an, mit der Begründung, dass es bei der Verletzung von strassenverkehrsrechtlichen Vorschriften anlässlich einer beruflichen Fahrt keine strafrechtliche Kausalhaftung des Arbeitgebers gibt. Übernimmt der Arbeitgeber die Busse, erbringt er dem Arbeitnehmer dadurch eine steuerbare geldwerte Leistung. Beim «Materialeinkauf 2011» handelte es sich um Zahlungen an zwei im Ausland ansässige Zahlungsempfänger. Das Bundesgericht stellt erhöhte Anforderungen an den Nachweis für Zahlungen ins Ausland. Da die Beschwerdeführer keinen weiteren Aufschluss über die Zahlungsempfänger geben konnten, nahm das Bundesgericht der Vorinstanz folgend an, die Zahlungen seien an den Steuerpflichtigen erfolgt. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 26. Juni 2018 (2C_450/2017), amtliche Publikation vorgesehen: Quellensteuer 2014 (Waadt); der beschwerdeführende Steuerpflichtige lebte mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Frankreich, unterlag aber in der Schweiz aufgrund unselbständiger Erwerbstätigkeit der Quellensteuer. Die Steuerbehörde hatte den Quellensteuertarif C0 festgesetzt (Zweiverdiener-Ehepaare ohne Kinder). Dabei wird im Tarif pauschal von einem bestimmten Einkommen des anderen Ehegatten ausgegangen, das aber vorliegend viel höher war als das tatsächliche Einkommen der Ehegattin. Der Steuerpflichtige verlangte daher einerseits die Berücksichtigung des tieferen Einkommens der Ehegattin im Tarif sowie die Einstufung C3 (Kinderabzüge), Letzteres unter anderem daher, weil der Steuerpflichtige in der Schweiz keine Kinderzulagen erhielt und die Kinderabzüge in Frankreich berücksichtigt werden konnten. Vorliegend stammten nur 80% der Einkünfte des in FR ansässigen Ehepaars aus der Schweiz; die Schumacker-Rechtsprechung fand somit keine Anwendung und eine Tarifkorrektur in diesem Sinne war nicht möglich. Allerdings verletze die Pauschalierung des Einkommens der Ehegattin vorliegend das Leistungsfähigkeitsprinzip. Zudem erfüllte der Steuerpflichtige die Voraussetzungen gem. Art. 35 Abs. 1 lit. a, 86 und 91 DBG, weshalb auch die (hälftigen) Kinderabzüge zu gewähren waren. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 25. Juni 2018 (2C_290/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2012 (Thurgau); das Steueramt gelangte in seiner Vermögensrechnung zu einer ungeklärten Zunahme des Vermögens um insgesamt CHF 710'643; nachdem die Steuerpflichtigen zwar die Kontoauszüge zum Landwirtschaftskonto nicht aber die Detailauszüge zu den interessierenden Transaktionen vorgelegten und überdies zum Kontostand und zur Amortisation keinerlei weitere Erklärungen abgegeben hatten, schritt das Steueramt zur Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen; mit ihrer höchst selektiven Mitwirkung haben die Beschwerdeführer einerseits die Voraussetzungen für eine Ermessensveranlagung geschaffen und andererseits im Rahmen ihrer Einsprache den Unrichtigkeitsnachweis nicht erfolgreich antreten können; die Beschwerde der Beschwerdeführer wird abgewiesen.
  • Urteil vom 28. Juni 2018 (2C_986/2017), amtliche Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2010 und 2011; Vererbung von Verlustvorträgen bei selbständiger Erwerbstätigkeit des Erblassers. Die Verlustvorträge eines selbständig Erwerbstätigen sind dem Steuerpflichtigen selbst zuzurechnen und nicht der Unternehmung. Die einzige Ausnahme von dieser Verknüpfung an die Person des Unternehmers ist die im KS Nr. 5 der ESTV zu den Umstrukturierungen vorgesehene Übertragung von Vorjahresverlusten bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (Kapitel 3.2.3.3, Seite 24). Art. 12 DBG beinhaltet keine Vererbung von vom Erblasser erwirtschafteten Verlusten an seine Erben, daher können die Verlustvorträge des Erblassers nicht in der Steuererklärung des Nachkommen, welcher die Tätigkeit weiterführt, geltend gemacht werden (E. 5.2). Die Beschwerde der Steuerpflichtigen wird abgewiesen.
  • Urteil vom 3. Juli 2018 (2C_322/2017): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2012 (Zug); streitig war, ob die Vorinstanz eine Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Aktionär und Verwaltungsratspräsidenten zu Recht als simuliertes Darlehen bzw. die Gewährung desselben als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft hat; die Ungewöhnlichkeit der Darlehensgewährung war ohne Weiteres zu bejahen, da die Forderung mehr als 82% der Gesellschaftsaktiven ausmachte; im Zeitpunkt der Darlehensvergabe war zudem die Bonität des Aktionärs und Verwaltungsratspräsidenten bereits ernsthaft in Frage gestanden, weil er knapp zwei Jahre zuvor erstinstanzlich zu einer Zahlung von über CHF 38.8 Mio. verpflichtet worden war; zudem habe die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Aufforderungen zu keiner Zeit schriftliche Vereinbarungen (Darlehensvertrag, Angaben zu geleisteten Sicherheiten, Rückzahlungsverpflichtungen bzw. -absichten oder Darlehenszinsen) vorgelegt; die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:

  • Urteil vom 18. Juni 2018 (2C_519/2018): Strombezug; die Beschwerde gegen den angefochtenen Zwischenentscheid betreffend Fristerstreckung ist offensichtlich unzulässig und auch offensichtlich nicht hinreichend begründet; auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
  • Urteil vom 18. Juni 2018 (2C_517/2018): Direkte Bundessteuer, Staats- und Gemeindesteuern 2007 und 2008 (Luzern); die Beschwerde gegen den angefochtenen Zwischenentscheid betreffend das Ausstandsgesuch der Beschwerdeführer ist offensichtlich nicht hinreichend begründet; soweit sich die Ausführungen auf die verfügten Nach- und Strafsteuern beziehen, ist auf diese mangels Bezug zum Streitgegenstand nicht einzugehen; auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird nicht eingetreten.

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.