Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 8. - 21. Mai 2023 publiziert wurden:
- Urteil vom 19. April 2023 2023 (9C_670/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Genf); Vorliegend strittig ist die Frage des Vermögenssteuerwertes einer Immobilie. Die Immobilie ging im Jahr 2010 in Folge Erbschaft an die Erbengemeinschaft über. Für die unstrittige Bemessung der Erbschaftssteuer wurde der vom Kanton Genf ermittelte Schätzwert in Höhe von rund CHF 6.1 Mio. herangezogen, welcher fortan auch die Grundlage für die Ermittlung des Vermögenssteuerwertes bildete. Im Jahre 2015 schloss die Erbengemeinschaft einen «Verkaufsvertrag mit Kaufrecht» über die Immobile mit dem Dritten C zu einem Preis von rund CHF 4.2 Mio. ab. Darin wurde festgehalten, dass sich die Erbengemeinschaft und C auf Verlangen einer der Parteien zum Abschluss eines Kaufvertrages zum vereinbarten Preis verpflichten, sofern die Parzelle zwischenzeitlich von allen Lasten befreit worden ist (Pachtverträge etc.). Als Sicherheit für das Verkaufsversprechen räumten die Erben dem C ein unbedingtes zehnjähriges Kaufrecht ein. Im Jahr 2020 übte C sein Kaufrecht aus und die Immobilie ging zum Preis von CHF 4.2 Mio. über. In Bezug auf den Vermögenssteuerwert der Immobilie für das Jahr 2016 stellten sich die Erben auf den Standpunkt, dass für die Immobilie mit Abschluss des «Verkaufsvertrags mit Kaufrecht» aus dem Jahr 2015 nunmehr ein echter Verkehrswert (CHF 4.2 Mio.) bestand. Die Vorinstanzen folgten dieser Auffassung nicht. Beim «Verkaufsvertrags mit Kaufrecht» handelt es sich aus Sicht der Verkäufer lediglich um einen bedingten Verkauf dessen Verwirklichung nicht nur von der Erfüllung der Bedingungen (Befreiung von allen Lasten) abhängt, sondern auch von der Ausübung des Kaufrechts einer der Parteien. Mithin sei der Verkauf entsprechend bis zum Vollzug in der Schwebe und es konnte sich bis zu diesem Zeitpunkt kein Verkehrswert realisieren, der den Schätzwert hätte verdrängen können. Abweisung der Beschwerde.
- Urteil vom 19. April 2023 (9C_672/2022): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2010 (Waadt); Indirekte Teilliquidation; Streitig ist, ob der von A. und B. vorgenommene Verkauf der Aktien der C. AG an die B. AG als indirekte Teilliquidation qualifiziert. Die B. AG nahm ein Darlehen bei den Steuerpflichtigen auf und eines bei der Bank D, welches durch die Verpfändung der C. AG-Aktien gesichert wurde. Die Ausschüttungsbedingung war vor der kantonalen Instanz nicht mehr wirklich strittig. Es wurde nämlich festgestellt, dass die C. AG einen Teil ihrer Substanz in Form eines Darlehens an B. AG übertragen hatte, obwohl aufgrund der Umstände nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die B. AG das Darlehen zurückbezahlen würde. Die B. AG war auf den Geldfluss der C. AG angewiesen, um (erfolglos) ihren Verpflichtungen gegenüber der Bank D. nachzukommen . Das kantonale Gericht ging auch davon aus, dass die Voraussetzung der Mitwirkung der Beschwerdeführer erfüllt sei, da diese passiv mitgewirkt haben. Es wäre Aufgabe von A. und B. gewesen sich über die finanzielle Leistungsfähigkeit der B. AG zu informieren. Hätten sie nämlich eine Bonitätsprüfung vorgenommen, hätten sie vernünftigerweise nicht ausschliessen können, dass diese zur Finanzierung des Kaufpreises auf Substanz der C. AG zurückgreifen muss. Das BGer hat diesen Punkten zugestimmt und das Vorliegen einer indirekten Teilliquidation bejaht. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 19. April 2023 (9C_733/2022): Ausstand eines Steuerbeamten (TI); Abweisung der Beschwerde.
- Urteil vom 24. April 2023 (9C_676/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2012 und 2013 (Quellensteuern Genf);Für Praxis der Steuerbehörden, welche zur Anwendung des Steuersatzes die in der Schweiz erzielten Einkünfte auf einer Jahresbasis (Annualisierung) sowie auf Basis einer Vollzeiterwerbstätigkeit berechneten, fehlte die gesetzliche Grundlage. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen (in Frankreich ansässiger Arbeitnehmer).
- Urteil vom 24. April 2023 (9C_638/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2013 (Genf); Eigentumsgarantie, Vermögenssteuerbremse (bouclier fiscal); Die Vorinstanz hat die Vermögenssteuerbremse (bouclier fiscal) im vorliegenden Fall korrekt berechnet, wobei sie den 1% fiktiven Vermögensertrag auf der unverteilten Erbschaft gesetzeskonform angewendet haben. Abweisung der Beschwerde.
Nichteintretens- und Amtshilfeentscheide:
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.