Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 25. - 31. März 2019 publiziert wurden.
- Urteil vom 11. März 2019 (2C_181/2019, 2C_182/2019, 2C_183/2019): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2008-2013 (Solothurn); im vorliegend zu beurteilenden Verfahren war streitig, ob ein im Anwaltsregister eingetragener Rechtsanwalt, der eine steuerpflichtige Person vertritt, im Stadium des rechtshängigen und vor der Veranlagungsbehörde befindlichen Hinterziehungsverfahrens berechtigt ist, den Versand der amtlichen Akten an sein Bürodomizil zu verlangen. Insbesondere zu klären ist, ob der gesetzmässige Anspruch auf «Einsicht» in die Akten tatsächlich nur «Einsicht» meint, oder ob er die Zustellung ans Bürodomizil des Rechtsanwalts mitumfasst. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht kein absoluter Anspruch auf Zusendung der Akten, sondern lediglich im Rahmen einer bestehenden Praxis ein Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung, soweit die jeweiligen Umstände vergleichbar sind (Urteil 2C_201/2013 vom 24. Januar 2014 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 140 II 194, aber in: ASA 83 175; Urteil 9C_369/2012 vom 2. November 2012 E. 6.3). Nach der Rechtsprechung ist es mit dem Gleichbehandlungsprinzip auch vereinbar, wenn die Akten nur den im Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwälten, nicht aber privaten Beschwerdeführern herausgegeben werden (BGE 108 Ia 5 E. 3 S. 8 f.; 123 II 534 E. 3d S. 541; Urteile 8C_431/2014 vom 17. Oktober 2014 E. 3.2; 5A_349/2009 vom 23. Juni 2009 E. 3.4; 1P.55/2007 vom 15. März 2007 E. 2.5). Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Aktenzustellung an den Anwalt ergibt sich daraus jedoch nicht. Daran vermag auch Art. 8 Abs. 1 DSG (Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz; SR 235.1) nichts zu ändern, gemäss welchem jede Person vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber verlangen kann, ob Daten über sie bearbeitet werden. Die Auskunft ist in der Regel «schriftlich, in Form eines Ausdrucks oder einer Fotokopie» zu erteilen, allerdings nur, soweit die Daten durch ein Bundesorgan bearbeitet werden (Art. 2 Abs. 1 lit. b DSG). Dies war vorliegend nicht erfüllt. Nicht nur die Staats- und Gemeindesteuern, auch die direkte Bundessteuer wird durch den jeweiligen Kanton veranlagt und bezogen (Art. 128 Abs. 4 Satz 1 BV; Art. 2 DBG). Die Beschwerden der Steuerpflichtigen werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
- Urteil vom 11. März 2019 (2C_905/2017): Direkte Bundessteuer 2015; Zuordnung des Kinderabzugs im Volljährigkeitsjahr des Kindes getrennt besteuerter Eltern; steuersystematisch betrachtet kommt bis zum Volljährigwerden des Kindes der unterhaltsberechtigte Elternteil für den Unterhalt des Kindes auf, nach dem Volljährigwerden des Kindes hingegen der unterhaltleistende Elternteil; dieser Systemwechsel rechtfertigt es, den Kinderabzug im Jahr des Volljährigwerdens des Kindes getrennt besteuerter Eltern pro rata temporis auf die beiden Elternteile zu verteilen; bis zum Tag des Volljährigwerdens des Kindes hat folglich der alimenteempfangende Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug, ab diesem Tag hingegen der alimenteleistende Elternteil; dies gilt freilich nur unter der Voraussetzung, dass die während des ganzen Jahres geleisteten Alimente den Betrag von CHF 6'500 übersteigen; die Beschwerde der Beschwerdeführer wird teilweise gutgeheissen.
- Urteil vom 11. März 2019 (2C_1142/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Solothurn); umstritten war, in welcher Höhe der Beschwerdeführer abzugsfähige Fahrkosten geltend machen kann, nachdem er von seinem Arbeitgeber für die Benutzung seiner Fahrzeuge bereits eine Entschädigung von CHF 16'122 erhalten hat; die Steuerbehörden haben die beruflich zurückgelegten Kilometer und damit die totalen Fahrkosten vorliegend zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen geschätzt, die Spesenentschädigung des Arbeitgebers abgezogen und den Rest zum Abzug zugelassen; die vorinstanzliche Festlegung der abzugsfähigen Fahrkosten ist nicht zu beanstanden; Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers.
- Urteil vom 14. März 2019 (2C_239/2019): Kantons- und Gemeindesteuern 2005-2009 (Genf); versuchte Steuerhinterziehung.
- Urteil vom 10. März 2019 (2C_1036/2017): Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Thurgau); Steuerdomizil; der Beschwerdeführer (geboren im Jahr 1958) verlegte im Jahr 2015, nachdem er eine Million Franken im Lotto gewonnen hatte, seinen Wohnsitz in den Kanton Schwyz, wo er als Untermieter ein möbliertes Zimmer mietete; die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau hielt an der Steuerpflicht des Beschwerdeführers betreffend die Staats- und Gemeindesteuern pro 2015 fest; die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos; mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und die Feststellung, dass er in der Steuerperiode 2015 keinen steuerrechtlichen Wohnsitz in der betreffenden thurgauischen Gemeinde bzw. im Kanton Thurgau habe und dort nicht steuerpflichtig sei, und eventualiter die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht; da der vorliegende Fall die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit, harmonisiert in Art. 3 Abs. 1 und 2 StHG, zum Gegenstand hat, verbleibt den Kantonen kein Gestaltungsspielraum und das Bundesgericht überprüft folglich die Anwendung der entsprechenden kantonalen Vorschriften mit voller Kognition; das Bundesgericht stellt fest, dass der steuerrechtliche (Wohn-) Sitz als steuerbegründende Tatsache grundsätzlich von der Steuerbehörde nachzuweisen ist; sofern aber der von der Steuerbehörde angenommene Sitz bzw. Ort der tatsächlichen Geschäftsführung im Kanton als sehr wahrscheinlich erscheint, genügt dies in der Regel als Hauptbeweis und der steuerpflichtigen Person obliegt es, den Gegenbeweis für den von ihr behaupteten Sitz ausserhalb des Kantons zu erbringen, m.a.W. muss die steuerpflichtige Person darlegen, dass eine Wohnsitzverlegung stattgefunden hat – dazu gehört die endgültige Lösung der Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz sowie die Darstellung der Umstände, welche zur Begründung des neuen Wohnsitzes geführt haben; gelingt der steuerpflichtigen Person der Nachweis der Wohnsitzverlegung nicht, besteht das bisherige Domizil fort; das Bundesgericht kommt in casu zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die Erwägungen der Steuerverwaltung, insbesondere die frühere Bezeichnung seiner im Kanton Thurgau wohnhaften Partnerin als «feste Partnerin» und deren Nennung in der Todesanzeige der im Jahr 2016 verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers nicht zu entkräften vermag; ferner erwägt das Bundesgericht mit der Vorinstanz, dass es aussergewöhnlich anmute, dass ein Lottomillionär mit Jahrgang 1958 sich mit einem Zimmer in WG-ähnlichen Verhältnissen begnüge; zusammenfassend stellt das Bundesgericht fest, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, darzulegen, dass und warum er seinen Lebensmittelpunkt verlegt hat; Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers.
- Urteil vom 12. März 2019 (2C_447/2018): Emissionsabgabe; Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 2018 (A-3554/2017); vgl. zum BVGer-Entscheid unseren Beitrag vom 6. Mai 2018; die Beteiligungskäufe durch die Beschwerdeführerin qualifizieren mangels Kapitalerhöhung nicht als Quasifusion; zwar mag es zutreffen, dass dem Ausschluss der Bezugsrechte der bisherigen Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft im Falle, dass der Verkäufer der Stammanteile wie vorliegend Alleinaktionär der übernehmenden Gesellschaft ist, letztlich materiell keine Bedeutung zukommt; dies ändert indes nichts daran, dass ein fusionsähnlicher Zusammenschluss eine enge Verflechtung der Gesellschaften erfordert, wofür praxisgemäss eine Kapitalerhöhung verlangt wird; vorliegend ist nicht ersichtlich, dass nach dem Kauf der Stammanteile eine enge Verknüpfung der Gesellschaften erfolgt wäre; es handelt sich bei der Einbringung der Stammanteile daher nicht um eine Quasifusion, sondern um ein reines Aktienkaufgeschäft; die Zuschüsse sind folglich nicht von der Emissionsabgabe ausgenommen; Abweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin.
- Urteil vom 10. März 2019 (2C_473/2018), derzeit in elektronischer Form nicht verfügbar: Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2010 (Zürich); DBA Schweiz-Südafrika; die Beschwerdeführer (Ehepaar) wurden gemeinsam für die Steuerperiode 2010 veranlagt, wobei das Kantonale Steueramt Zürich (nachfolgend Steueramt) bei beiden von einer unbeschränkten Steuerpflicht ausging; mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangen die Beschwerdeführer die Feststellung der Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Steuerpflicht des beschwerdeführenden Ehemanns für die Steuerperiode 2010; die Rüge der Beschwerdeführer, das Steueramt habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem frühere Einschätzungen für die Steuerperiode 2007 ungewürdigt geblieben seien, vermag nach dem Dafürhalten des Bundesgerichts nicht zu überzeugen, zumal das Steueramt nicht verpflichtet gewesen sei, zu sämtlichen vorgebrachten Beweisen im Detail Stellung zu nehmen – insbesondere, wenn kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Beweismitteln und der umstrittenen Rechtsfrage bestanden habe; als steuerrechtlicher Wohnsitz einer Person gilt der Ort, an dem sich faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet; jener bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen; nach ständiger bundesgerichtlicher Praxis genügt es für eine Wohnsitzverlegung ins Ausland nicht, die Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz zu lösen, vielmehr ist entscheidend, dass nach den gesamten Umständen ein neuer Wohnsitz begründet worden ist; als steuerbegründend sind die der Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes zugrunde liegenden Tatsachen von den Steuerbehörden nachzuweisen, wobei der steuerpflichtigen Person eine Mitwirkungs- und umfassende Auskunftspflicht über die für die Besteuerung massgebenden Umstände obliegt; aufgrund des Umstandes, dass die Rügen des Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den der Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes zugrunde liegenden Tatsachen überwiegend die rechtliche Würdigung dieser Tatsachen betreffen und sich die Beschwerdeführer mit einer allfälligen offensichtlich unrichtigen vorinstanzlichen Feststellung des Sachverhalts nicht hinreichend auseinandergesetzt haben, sieht das Bundesgericht keine Veranlassung, von der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung abzuweichen; da es unbestritten ist, dass die beschwerdeführende Ehefrau sowohl zivilrechtlichen als auch steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich hat und bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten die persönlichen und familiären Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie aufhält, grundsätzlich als stärker erachtet werden als diejenigen zum Arbeitsort, müssen vom Wohnsitz der Ehefrau ausgehend erhebliche persönliche Kontakte durch die Beschwerdeführer vorgebracht werden, in deren Lichte die Beziehung des beschwerdeführenden Ehemanns zum Wohnsitz seiner Ehefrau in den Hintergrund rücken würde; das Bundesgericht erwägt, dass die durch die Beschwerdeführer vorgebrachte Mitgliedschaft des Ehemannes in einem südafrikanischen Golfklub sowie die behaupteten persönlichen Kontakte ungenügend bzw. zu wenig substanziiert dargelegt worden sind; ebenfalls im Hinblick auf die persönlichen Interessen keine überzeugenden Tatsachen, sondern lediglich Indizien, stellt die Anschaffung einer vollständigen Wohnungseinrichtung in Südafrika dar; im Zusammenhang mit der im Hinblick auf den geschäftlichen Mittelpunkt des Lebensinteresses des Ehemannes zu würdigenden beruflichen Tätigkeit und ferner auf dessen Verwaltungsratsmandat bei einer südafrikanischen Gesellschaft in der Steuerperiode 2010 ist die vorinstanzliche Auffassung, die geschäftlichen Interessen der Beschwerdeführer lägen in der Schweiz, jedoch nicht zu bestanden, zumal die Gesellschaft der Beschwerdeführer in der Schweiz domiziliert ist und die Ehefrau die Finanzbuchhaltung der Gesellschaft aus der Schweiz geführt hat; zusammenfassend kommt das Bundesgericht mit der Vorinstanz zum Schluss, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des beschwerdeführenden Ehemanns in der Steuerperiode 2010 in der Schweiz liegt, zumal die geschäftlichen Interessen in Südafrika in einer Gesamtbetrachtung die persönlichen Interessen des beschwerdeführenden Ehemanns zur Schweiz nicht zu überwiegen vermögen; Abweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer.
Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:
- Urteil vom 5. März 2019 (2C_223/2019): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Zürich); auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
- Urteil vom 7. März 2019 (2D_11/2019): Staats- und Gemeindesteuern 2015-2016 (Zürich); auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
- Urteil vom 11. März 2019 (2F_2/2019): Revisionsgesuch gegen das zur amtlichen Publikation vorgesehene Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 21. November 2018 (2C_505/2017); vgl. unseren Beitrag vom 9. Dezember 2018; das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
- Urteil vom 13. März 2019 (2C_93/2019): Direkte Bundessteuer 2003 und Staats- und Gemeindesteuern 2003 und 2004 (Graubünden); das Verfahren wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.
- Urteil vom 13. März 2019 (2C_247/2019): Gemeindesteuer der Einwohnergemeinde B. 2013 - 2016 (Graubünden); Steuererlass; auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.