Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 20. - 26. November 2017 publiziert wurden.
- Urteil vom 1. September 2017 (2C_643/2016), amtliche Publikation vorgesehen: Amtshilfe DBA Schweiz-Norwegen. Im Jahr 2014 hat die norwegische Steuerbehörde ein Amtshilfeersuchen an die ESTV gerichtet, welches die Nummern von neun «payment cards » enthielt, deren Inhaber aber unbekannt waren. Die ersuchten Auskünfte betreffen die Zeitspanne vom 1. Januar 2011 bis zum 28. Februar 2014. Art. 26 DBA Schweiz Norwegen ist damit in seiner Fassung von 2009 anwendbar, welche die Steuerperioden ab dem 1 Januar 2011 betrifft (es besteht aktuell eine neue Fassung von Art. 26, welche die Steuerperioden ab dem 1. Januar 2017 betrifft und damit auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist). Zu berücksichtigen sind die Briefwechsel von 2009 und 2012. Im ersten Briefwechsel von 2009 wurde noch verlangt, dass die von einem Amtshilfeersuchen betroffenen Steuerpflichtigen mittels Name und Adresse identifiziert werden, während im zweiten Briefwechsel von 2012 vorgesehen wurde, dass die Identifikation auf einem anderen Weg erfolgen kann. Auf das vorliegende Amtshilfeersuchen ist damit Art. 26 DBA Schweiz Norwegen in der Fassung von 2009 anwendbar, wobei der zweite Briefwechsel von 2012 massgebend ist. Das BGer hält fest, dass keine unzulässige fishing expedition (im Sinne von BGE 143 II 136) vorliegt.
- Urteil vom 31. Oktober 2017 (2C_456/2017): Staats- und Gemeindesteuern 2013 (Aargau), Abzug von Unterhaltskosten bei Liegenschaften im Privatvermögen; umstritten war, in welchem Steuerjahr die Unterhaltskosten zu berücksichtigen sind; der Umstand, dass die Kostengutsprache der Gebäudeversicherung (für den Ersatz von Fenstern im Jahr 2011) erst im Jahr 2013 erfolgte, ändert nichts daran, dass die Unterhaltskosten für den Fensterersatz bereits im Jahr 2011 fakturiert und von den Beschwerdeführern bezahlt wurden und somit steuerlich in Abzug gebracht werden konnten; die Aufwendungen für den Fensterersatz waren dem Steuerjahr 2011 zuzuordnen; der Entscheid der Vorinstanz erweist sich als bundesrechtskonform; die Beschwerde wird abgewiesen.
- Urteil vom 2. November 2017 (2C_651/2017, 2C_652/2017): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2007-2011 (Thurgau); Nachsteuern; nicht besteuerte Renten und Versicherungswerte (die Rente der Deutschen Rentenversicherung ist in der Schweiz als Einkommen steuerbar; die Rückkaufswerte der Aachener und Münchener Lebensversicherung sind als Vermögenswerte zu besteuern); umstritten war einzig, ob die von der Steuerverwaltung eingebrachten Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 151 Abs. 1 DBG «neu» bzw. «der Steuerbehörde nicht bekannt» waren; die mit der Steuererklärung eingereichten Kontoauszüge können nicht als Nachweis eines Renteneinkommens angesehen werden und es geht aus diesen auch nicht hervor, dass regelmässige Zahlungen erfolgten; die Beschwerde wird abgewiesen.
- Urteil vom 2. November 2017 (2C_886/2017): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2012 (Thurgau); Fristwiederherstellungsgesuch; das Gesuch wäre beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau einzureichen gewesen; das Bundesgericht ist unzuständig; Weiterleitung des Gesuchs an das in der Sache zuständige Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau.
- Urteil vom 26. Oktober 2017 (2C_674/2015, 2C_675/2015): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2005 (Genf); Steuerhinterziehung; keine willkürliche Beweiswürdigung; Vorliegen einer geldwerten Leistung; der zwischen den von einem Alleinaktionär gehaltenen Schwestergesellschaften vereinbarte Kaufpreis entsprach nicht dem Marktwert und war unter Anwendung der Dreieckstheorie entsprechend zu korrigieren; vorliegend einer Steuerhinterziehung; die Beschwerde wird abgewiesen.
- Urteil vom 2. November 2017 (2C_1157/2016, 2C_1158/2016): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 1997-2005 (Solothurn); Nachsteuern und Hinterziehung; geldwerte Leistung. «Bezieht ein Beteiligter [...] Leistungen von der Gesellschaft, so stellt sich die Frage, ob diesen Leistungen eine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Der Nachweis der Gegenleistung ist dabei grundsätzlich durch die Verbuchung von Leistungen des Beteiligten an die Gesellschaft als erbracht anzusehen (Massgeblichkeit der Handelsbilanz). Ist von dieser Massgeblichkeit grundsätzlich auszugehen, trägt die Steuerverwaltung die Beweislast dafür, dass die Gegenleistung nicht besteht oder nicht angemessen ist (d.h. einem Drittvergleich nicht standhält). Hat die Verwaltung ein solches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dargetan, so ist es Sache des Beteiligten, die damit begründete (natürliche) Vermutung zu entkräften; misslingt dieser Beweis, trägt der Steuerpflichtige die Folgen der Beweislosigkeit.» (E. 4.2.3.) Die für das ordentliche Verfahren massgebliche Beweislastverteilung gilt auch für das Steuerstrafverfahren und widerspricht nicht der Unschuldsvermutung. Infolgedessen prüfte das Bundesgericht diverse Leistungen auf das Vorliegen einer entsprechenden Gegenleistung und gelangt in Bezug auf einen bereits als Mietzins-Einkommen eingestuften Betrag zum Schluss, dass dessen nochmalige Qualifizierung als geldwerte Leistung eine unzulässige doppelte Erfassung darstellt; Herabsetzung des Nachsteuerbetrags; in diesem Punkt verstösst der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht und die Beschwerde wird wird teilweise gutgeheissen; in allen weiteren Punkten wird die Beschwerde abgewiesen.
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.