Der Bundesrat lehnt den direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative "Ja zum Schutz der Privatsphäre" ab. Das geht aus der Stellungnahme des Bundesrates zuhanden der Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S) hervor, die der Bundesrat an seiner Sitzung vom 5. April 2017 verabschiedet hat.
Gemäss einer Medienmitteilung des Bundesrates vom 5. April 2017 und der entsprechenden Stellungnahme zuhanden der WAK-S sieht der Bundesrat auch weiterhin keinen Handlungsbedarf beim Schutz der finanziellen Privatsphäre im Steuerrecht. Der Schutz der finanziellen Privatsphäre im Steuerrecht sei durch das Steuergeheimnis ausreichend gewährleistet. Für steuerehrliche Personen brächte der Gegenentwurf ebenso wenig eine Verbesserung wie die Volksinitiative.
Nach Auffassung des Bundesrates brächte der Gegenentwurf keine materiellen Neuerungen, hätte aber durch die Verankerung des steuerlichen Bankgeheimnisses im Inland in der Verfassung und die damit verbundene Bagatellisierung der Steuerhinterziehung negative Signalwirkung. Steuerunehrliche Personen sähen sich in ihrem Verhalten bestärkt, und die Steuermoral würde sinken. Als Folge davon ergäben sich Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden.
Zudem würde eine Annahme der Volksinitiative oder des Gegenentwurfs den Handlungsspielraum insbesondere bei einer künftigen Reform der Verrechnungssteuer und des Steuerstrafrechts unnötig einschränken. Namentlich die aus Wirtschaftskreisen zur Stärkung des Kapitalmarkts Schweiz geforderte Aufhebung der Verrechnungssteuer auf Depoterträgen aus Obligationen und Anlagefonds dürfte sich kaum noch realisieren lassen. Eine solche teilweise Abschaffung der Verrechnungssteuer ohne flankierende Massnahmen liesse sich weder mit der Steuergerechtigkeit noch mit den fiskalischen Interessen von Bund, Kantonen und Gemeinden vereinbaren.
In seiner Sitzung vom 15. Dezember 2016 hatte sich der Nationalrat mit 80 zu 60 Stimmen bei 55 Enthaltungen für die Volksinitiative und den Gegenvorschlag ausgesprochen. Am 10. Januar 2017 sistierte die WAK-S die parlamentarische Diskussion und verlangte vom Bundesrat eine Stellungnahme zum Gegenentwurf (vgl. Medienmitteilung der WAK-S vom 11. Januar 2017). Die Stellungnahme des Bundesrates zuhanden der WAK-S liegt nun vor, weshalb das Geschäft von der WAK-S weiterbehandelt werden kann.