Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 24. - 30. April 2017 publiziert wurden.
- Urteil vom 6. April 2017 (2C_331/2017): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2014 (Freiburg); die Vorinstanz hatte das Vorliegen eines Verwaltungsratshonorars hauptsächlich daraus abgeleitet, dass die vom Steuerpflichtigen unterzeichnete Erfolgsrechnung einen Aufwand „Verwaltungsrat“ ausgewiesen hatte und im Beiblatt zur Steuererklärung den Steuerpflichtigen als Empfänger des Honorars angegeben hatte (E. 3.1 i.V.m. E. 1.1 und 1.4); ungenügende appellatorische Kritik des Beschwerdeführers (E. 3.3); auch die Sachumstände (insbesondere ist der Steuerpflichtige bis heute einziges Verwaltungsratsmitglied und Liquidator der Muttergesellschaft) geben keinen Anlass zur Beanstandung der Beweiswürdigung der Vorinstanz (E. 3.3); Abweisung der Beschwerde.
- Urteil vom 6. April 2017 (2C_728/2016): Kantonale Steuern 2012 (Tessin); die Bewertung von einer Mehrheitsbeteiligung an einer nichtkotierten Gesellschaft anhand des (höheren) Formelwerts gemäss Praktikermethode, obwohl im Folgejahr der Zukauf eines weiteren Aktienpakets zu einem tieferen Preis erfolgte, ist vorliegend nicht willkürlich.
- Urteil vom 7. April 2017 (2F_12/2017): Revisionsgesuch gegen das Urteil des Bundesgerichts vom 20. März 2017 (2C_307/2017) betreffend "Rechtsvorschlag/Einsprache" gegen Nichteintretensentscheid der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (betreffend Strassenverkehrssteuern bzw. Mahngebühr; vgl. unseren Beitrag vom 9. April 2017); auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
- Urteil vom 10. April 2017 (2F_9/2017): Revisionsgesuch gegen das Urteil des Bundesgerichts vom 24. Februar 2017 (2F_5/2017) betreffend Urteil 2C_1075/2016 und 2C_1077/2016 (vgl. unseren Beitrag vom 19. März 2017); auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
- Urteil vom 17. März 2017 (2C_1100/2016), amtliche Publikation vorgesehen: Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht/ Dreiergericht) vom 19. Oktober 2016; Stromrechnung 2014 der Industriellen Werke Basel (IWB); der Beschwerdeführer verlangte eine Reduktion der Rechnung der IWB im Umfang der anteilsmässigen Kosten für den Betrieb sowie Unterhalt der öffentlichen Uhren und Beleuchtung, für die Konzessionsforderung sowie des Sponsoringbeitrages an das Basler Theater (Sachverhalt A); nicht rechtsgenügliche Darlegung inwiefern der Sponsoringbeitrag kantonales Recht oder Grundrechte verletzt (E. 1.2.7); Kostenüberwälzung des Betriebs und Unterhalts der öffentlichen Uhren und Beleuchtung ist verfassungsrechtlich zulässig, da praktisch jedermann Strom bezieht und somit keine Sondergruppe belastet wird (E. 2.3.4); ungenügende gesetzliche Grundlage für die Überwälzung der Konzessionsgebühr und diesbezügliche Rückweisung an die Vorinstanz (E. 3.8); teilweise Gutheissung der Beschwerde; vgl. auch den Beitrag Fabian Klaber auf swissblawg.
- Urteil vom 31. März 2017 (2C_1154/2015), amtliche Publikation vorgesehen: (der Link zum Urteil ist derzeit inaktiv) Verrechnungssteuer, geldwerte Leistungen, Verjährung der Steuerforderung; die Verjährungsfrist beginnt am Tag nach der Einreichung der Jahresrechnung bei der ESTV (E. 4.6.2); die Verjährung ruht während der Dauer des Einspracheverfahrens (Art. 11 Abs. 3 VStrR); das Einspracheverfahren beginnt mit dem Entscheid der ESTV, welche die Steuerforderung festsetzt und nicht erst mit der Einreichung der Einsprache des Steuerpflichtigen (E. 5.7), Gutheissung der Beschwerde der ESTV.
- Urteil vom 7. April 2017 (2C_241/2016): Amtshilfe (DBA Schweiz – Frankreich): Am 12. September 2014 gelangte die französische Steuerbehörde mit einem Amtshilfeersuchen an die ESTV, um eine vollständige und korrekte Veranlagung von A. für die Steuerperiode von 2010 bis 2013 vornehmen zu können. Mit Schlussverfügung vom 23. Dezember 2014 beabsichtigte die ESTV dem Amtshilfeersuchen zu entsprechen. Eine darauf gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 22. Februar 2016 abgewiesen. Mit Urteil vom 7. April 2017 bestätigte das Bundesgericht den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesgericht erinnert zunächst an die im vorliegenden Fall strittigen Voraussetzungen der Amtshilfe, namentlich an das Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 7 lit. c Steueramtshilfegesetz [StAhiG] und Art. 31 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge) und an das Kriterium der voraussichtlichen Erheblichkeit und kommt zum Schluss, dass die Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, insbesondere, dass das Motiv für das ersuchen der Informationen bzgl. der voraussichtlichen Erheblichkeit genügend klar formuliert ist. Der Umstand, dass der Wortlaut des Ersuchens vermuten lässt, dass noch ein Kontrollverfahren im Gang ist, lässt das Ersuchen weder widersprüchlich erscheinen noch verstösst dieser Umstand gegen den Grundsatz des Handelns nach Treu und Glauben (E. 5.6).
- Urteil vom 29. März 2017 (2C_1022/2015): Amtshilfe (DBA Schweiz – Frankreich); am 23. Dezember 2013 gelangte die französische Steuerbehörde mit einem Amtshilfeersuchen (Gruppenanfrage) an die ESTV, um die Besteuerung von verschiedenen Steuerpflichtigen gemäss einer Liste („listes annexées“) überprüfen zu können. Der von dieser Überprüfung betroffene A. wehrte sich einerseits gegen den durch die Zusammenarbeit realisierten Informationsaustausch (Abweisung mit Zwischenentscheid der ESTV vom 2. Oktober 2014) und andererseits gegen die beabsichtigte Übermittlung von Informationen der ESTV an die französische Steuerbehörde (Schlussverfügung der ESTV vom 10. Oktober 2014). Mit Beschwerde vom 3. November 2014 gelangte der Beschwerdeführer ans Bundesverwaltungsgericht und verlangte den genannten Zwischenentscheid und mit Beschwerde vom 11. November 2014 die Schlussverfügung aufzuheben. Mit Urteil vom 28. Oktober 2015 (A-6578/2014) bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Zwischenentscheid der ESTV, aber hiess die Beschwerde gegen die Schlussverfügung gut. Bereits mit Urteil vom 15. September 2015 (A-6843/2014) beurteilte das Bundesverwaltungsgericht die Amtshilfe einer anderen durch die Gruppenanfrage betroffenen Person für unzulässig. Die ESTV gelangte an das Bundesgericht und verlangte, dass ihre Schlussverfügung zu bestätigen sei. Streitgegenständlich war die Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das französische Amtshilfeersuchen den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt hat und daher nicht hätte auf das Ersuchen eingetreten werden dürfen. Das Bundesgericht erhellt, dass die Vorinstanz bereits mit ihrem Urteil vom 15. September 2015 (A-6843/2014) einen Entscheid zu beurteilen hatte, bei dem die ausländische Behörde um Informationen ersuchte, die grundsätzlich gegen das Bankgeheimnis (Art. 47 BankG) und gegen das Geschäftsgeheimniss (Art. 162 StGB) verstossen und sie (die Vorinstanz) daraufhin festgehalten hat, dass auf solche gegen das Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 7 lit. c StAhiG) gerichtete Ersuchen nicht einzutreten sei. Das Bundesgericht erinnert daran, dass es dieser Betrachtungsweise mit dem zur amtlichen Publikation vorgesehenen Grundsatzurteil vom 16. Februar 2017 (2C_893/2015) nicht gefolgt ist (vgl. unseren Beitrag vom 16. März 2017). In besagtem Grundsatzurteil wurde festgehalten, dass nur Handlungen, welche tatsächlich in der Schweiz strafbar sind, auch gegen den guten Glauben i.S.v. Art. 7 lit. c StAhiG verstossen. Mit anderen Worten muss der entsprechende Tatbestand erfüllt sein und die Handlungen im Geltungsbereich des schweizerischen Strafgesetzbuchs liegen (E. 3.3). Diese Rechtsprechung gilt auch für den vorliegenden Fall (E. 3.4). In der Folge kassierte das Bundesgericht mehrere – abgesehen von den Daten – gleichgelagerte Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Vgl. dazu die nachfolgenden Urteil des Bundesgerichts vom 29. März 2017 2C_2023/2015, 2C_1024/2015, 2C_1025/2015, 2C_1043/2015, 2C_1097/2015, 2C_1101/2015, 2C_1102/2015, 2C_988/2015.
- Urteil vom 3. April 2017 (2C_1148/2015), zur amtlichen Publikation vorgesehen: Grundstückgewinnsteuer (Zürich); Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung bei Hypothekenauflösung von der Grundstückgewinnsteuer und Urteil vom 3. April 2017 (2C_1165/2014, 2C_1166/2014), zur amtlichen Publikation vorgesehen: Kantons- und Gemeindesteuern (Neuenburg); Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung bei Hypothekenauflösung von der Einkommenssteuer. Vorfälligkeitsentschädigungen, die bei der vorzeitigen Auflösung einer Hypothek anfallen, sind bei der Grundstückgewinnsteuer als Anlagekosten (Art. 12 StHG) abziehbar, sofern die Auflösung der Hypothek in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaft erfolgt (vgl. 2C_1148/2015 E. 4.3.2. und 5.3.3 und E. 5.4 ff.). Bei der Einkommenssteuer hingegen können Vorfälligkeitsentschädigungen nur dann als abzugsfähige Schuldzinsen geltend gemacht werden, wenn die aufgelöste Hypothek durch eine andere beim gleichen Kreditgeber ersetzt wird (vgl. 2C_1165/2014, 2C_1166/2014 E. 3 und E. 4 und 2C_1148/2015 E. 5.3.1 und E. 5.3.2). Eine doppelte Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung sowohl bei der Grundstückgewinnsteuer als auch bei der Einkommensteuer ist in jedem Fall ausgeschlossen (vgl. 2C_1148/2015 E. 4.1.2 und E. 5.2). Hierzu hat das Bundesgericht am 28. April 2017 eine Medienmitteilung „Steuerliche Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung bei Hypothekenauflösung“ veröffentlicht. Vgl. hierzu auch unseren Beitrag vom 28. April 2017 sowie den Beitrag von Philipp Kruse auf swissblawg.
- Urteil vom 3. April 2017 (2C_941/2016, 2C_942/2016): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern (Neuenburg); Einkommenessteuer; Einkünfte aus derivativen Finanzinstrumenten; Qualifikation der Rückzahlung als steuerfreier Kapitalgewinn; die Beschwerde wird gutgeheissen.
- Urteil vom 20. April 2017 (2C_368/2017): Amtshilfe (DBA Schweiz – Frankreich); Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungssgerichts vom 21. März 2017 (A-2317/2016); vgl. unsere Beiträge vom 9. April 2017 und vom 23. April 2017; das Bundesgericht hatte mit Entscheid vom 5. April 2016 eine Schlussverfügung der ESTV im Rahmen der Amtshilfe als zulässig erachtete (und das Urteil des Bundesverwaltungsgericht kassierte), daraufhin informierte die ESTV das Bundesverwaltungsgericht darüber, dass die französischen Steuerbehörden ihr Amtshilfeersuchen zurückgezogen haben; das Bundesverwaltungsgericht hob in der Folge die Schlussverfügung auf, weil die ESTV diese nicht in Wiedererwägung gezogen hat; steitig war daraufhin die Rückerstattung der Verfahrenskosten aus dem Vorverfahren und die Parteientschädigung (vgl. unseren Beitrag vom 9. April 2017); das Bundesverwaltungsgericht erliess daraufhin mit Urteil vom 21. März 2017 einen Kostenentscheid; auf die gegen diesen Kostenentscheid erhobene Beschwerde ist das das Bundesgericht mit vorliegendem Entscheid nicht eingetreten.
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.