Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 20. - 26. Januar 2025 publiziert wurden:
- Urteil vom 11. Dezember 2024 (9C_120/2024): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2019 (Appenzell Innerrhoden); die A AG beantragte den Beteiligungsabzug auf dem Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Anteilen an einer ausländischen offenen kollektiven Kapitalanlage. Das Bundesgericht bestätigte die steuerliche Transparenz dieser kollektiven Kapitalanlage und betonte, dass die Lehre – im Gegensatz zur ESTV – in solchen Fällen den Beteiligungsabzug nicht grundsätzlich ausschliesse. Gemäss der Lehre sei jedoch erforderlich, dass die kollektive Kapitalanlage die Ausschüttung bzw. den Veräusserungserlös aus Beteiligungen erzielt habe, die ihrerseits die Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug erfüllen. Da die Steuerpflichtige jedoch nicht nachweisen konnte, dass sie durch die Veräusserung ihrer Anteile an der kollektiven Kapitalanlage indirekt eine wesentliche Beteiligung im Sinne von Art. 70 Abs. 4 lit. b DBG veräussert hat, erübrigt sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Lehre. Abweisung der Beschwerde der A AG.
- Urteil vom 16. Dezember 2024 (9C_268/2024): Staats- und Gemeindesteuern 2019 und 2020 (Zürich); Nachsteuer; die Erblasserin hatte im Nachlass ihres vorverstorbenen Vaters einen Erbteilungsvertrag abgeschlossen, in dem zu ihren Gunsten ein Guthaben gegenüber dem überlebenden Lebenspartner ihres Vaters vereinbart wurde, da dieser sie nicht auszahlen konnte. Das Guthaben war hypothekarisch sichergestellt und wurde im Zeitpunkt des Versterbens des Lebenspartners oder des vorgängigen Verkaufs seiner Liegenschaft fällig. Der Vermögensanfall hat bereits im Zeitpunkt des Todes des Vaters der Erblasserin stattgefunden. Die Gewährung eines Darlehens an den Lebenspartner führte nicht zu einem Vermögensabgang. Die Nachbesteuerung des Guthabens der Erblasserin ist deshalb zurecht erfolgt. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 19. Dezember 2024 (9C_299/2024): MWST 2014 bis 2015; strittig war die Steuerbefreiung von Bodenabfertigungsleistungen und die Frage, ob die Mineralölsteuerbefreiung als Subvention gilt. Das Bundesgericht entschied, dass die Abfertigung von Passagieren zum unmittelbaren Bedarf eines Luftfahrzeugs gehört und somit steuerbefreit ist. Dazu zählen unter anderem Check-In, Informationen über Flugplandaten, Gepäckhandling und Sicherheitskontrollen. Leistungen wie der Special Assistance Passenger Service sind hingegen nicht steuerbefreit, da sie nicht unmittelbar für das Antreten des Fluges erforderlich sind. Beim Verkauf von Flugtickets inkl. Zusatzleistungen erfüllt die Tätigkeit der Steuerpflichtigen nicht die Anforderungen einer steuerbefreiten Vermittlung, da sie nicht „ausdrücklich in fremdem Namen“ handelt. Die Mineralölsteuerbefreiung stellt keine Subvention dar, da Flugzeugtreibstoffe aufgrund der staatsvertraglichen Vorgaben (Chicago-Übereinkommens und Doc 8632) nicht besteuert werden. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 20. Dezember 2024 (9C_57/2024): Direkte Bundessteuer 2018; streitig war, ob der Gewinn aus der Veräusserung einer Liegenschaft im Kanton Zürich als privater Kapitalgewinn oder als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist. Die Vorinstanz mass der Verbindung zwischen A. und der C. GmbH entscheidendes Gewicht bei. A. gründete die Gesellschaft, ist einzelzeichnungsberechtigt und erhielt Rechnungen zu Handen seiner Person. Zweck der Gesellschaft war die Verwaltung und Vermietung der von ihm erworbenen Liegenschaften. In seinen Steuererklärungen gab A. in den Jahren 2004–2005 den Beruf "Liegenschaftenverwalter" und in den Jahren 2009–2011 "Geschäftsführer der C. GmbH" an. Sein Lebensunterhalt wurde hauptsächlich durch Mietzinseinnahmen finanziert, und der Gewinn aus dem Verkauf der Liegenschaft wurde sofort reinvestiert. A. erwarb über 24 Jahre hinweg acht nicht selbst bewohnte Liegenschaften, überwiegend Mehrfamilienhäuser. Unter diesen Umständen begründet grundsätzlich bereits ein Verkauf gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel. Systematische oder planmässige Art und Weise des Vorgehens, enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person und spezielle Fachkenntnisse, sind alles Indizien für eine selbständige Erwerbstätigkeit. A. konnte dagegen keine stichhaltigen Argumente vorbringen. Abweisung der Beschwerde des steuerpflichtigen A.
- Urteil vom 11. Dezember 2024 (9C_454/2023): Direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Zürich); Abgrenzung Privat- und Geschäftsvermögen; der Beschwerdeführer war als selbständiger Rechtsanwalt an verschiedenen Gesellschaften beteiligt und nahm bei diesen Einsitz im Verwaltungsrat. In der strittigen Steuerperiode veräusserte der Steuerpflichtige eine dieser Beteiligungen und realisierte einen Kapitalgewinn. Die Steuerverwaltung ordnete die Beteiligung der anwaltlichen Tätigkeit zu, qualifizierte sie als Geschäftsvermögen und erhob auf dem Kapitalgewinn die Einkommenssteuer. Das Bundesgericht kam demgegenüber zum Schluss, dass die technisch-wirtschaftliche Funktion der veräusserten Beteiligung im vorliegenden Fall keine Zurechnung zur anwaltlichen Tätigkeit zulasse und auch keine selbständige Nebentätigkeit vorliege, welche eine Qualifikation der Beteiligung als Geschäftsvermögen erlaube. Das Bundesgericht qualifizierte die Beteiligung daher als Privatvermögen. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 20. Dezember 2024 (9C_218/2024): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2014 (St. Gallen); der Pflichtige war in der betroffenen Steuerperiode an verschiedenen Aktiengesellschaften beteiligt und als (meist einziger) Verwaltungsrat tätig. Gleichzeitig gewährte er den Gesellschaften Domizil in seiner Privatliegenschaft. Die Steuerverwaltung rechnete dem Steuerpflichtigen Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Umfang der von den Gesellschaften zugunsten des Pflichtigen verbuchten, aber noch nicht bezahlten Leistungen für Miet- und Heizkosten sowie Verwaltungsratstätigkeiten auf. Mit der Verbuchung sei der Erwerbsvorgang der Forderungen abgeschlossen und diese nach dem Soll-Prinzip steuerrechtlich als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit realisiert. Dem Steuerpflichtigen gelang es nicht, die Uneinbringlichkeit der Forderungen nachzuweisen. Er konnte auch kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufrechterhaltung einer nicht gesetzeskonformen Besteuerung (Ist-Methode) darlegen. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen Eheleute.
- Urteil vom 6. Januar 2025 (9C_342/2024): Direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern 2014–2017 (Wallis); versuchte Steuerhinterziehung; A. betrieb ein Advokatur- und Notariatsbüro in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Im Rahmen einer Buchprüfung stellte die Steuerverwaltung fest, dass die Buchführung unvollständig war und nahm eine Ermessenseinschätzung vor. Die Verfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. Wegen versuchter Steuerhinterziehung wurden Bussen ausgesprochen, die vom Kantonsgericht Wallis teilweise reduziert wurden. Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz weder das Verbot des Selbstbelastungszwangs noch den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt habe. Dass die Steuerschulden nachträglich beglichen wurden, ändert nichts am Tatbestand der versuchten Steuerhinterziehung. Eine weitere Reduktion der Bussen wurde abgelehnt. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen A.
Nichteintreten:
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.