Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 1. - 19. Januar 2025 publiziert wurden:

  • Urteil vom 5. Dezember 2024 (9C_42/2024) – zur Publikation vorgesehen: Staats- und Gemeindesteuern 2012 und 2015 (Zürich) und Direkte Bundessteuer; Streitig war, ob es für die Anwendung der vereinfachten Nachbesteuerung von Erben nach Art. 153a DBG es einer aktiven Anzeige (respektive Meldung) durch die steuerpflichtige Person (hier der Erbin) bedarf oder ob die vereinfachte Nachbesteuerung auch zum Zug kommt, wenn die Steuerbehörde aus eigenem Antrieb Kenntnis von der Unterbesteuerung erlangt. Aus dem Wortlaut der Bestimmung geht weder eine aktive Anzeigepflicht (respektive Meldepflicht) der steuerpflichtigen Person, noch der relevante Zeitpunkt für die «Kenntnis der Hinterziehung durch die Steuerbehörde» hervor. In systematischer Hinsicht ist die vereinfachte Nachbesteuerung von Erben eine lex specialis zur ordentlichen Nachbesteuerung. Historisch zeigt sich, dass die Norm für eine vereinfachte Nachbesteuerung von Erbinnen und Erben zeitgleich, d.h. zusammen mit dem Gesetzesentwurf für die straflose Selbstanzeige eingeführt wurde. Aufgrund der gemeinsamen Einführung und Ähnlichkeit der beiden Bestimmungen bleibt aber weiterhin nicht klar, ob der Gesetzgeber auch bei der Erbennachbesteuerung eine Anzeigepflicht vorsehen wollte. Der Sinngehalt der Norm liegt vorwiegend darin, die Durchsetzung einer ordentlichen Besteuerung zu gewährleisten. Die Lehrmeinungen zur einschlägigen Frage sind sodann gespalten. Ein Teil der Lehre vertritt die Ansicht, Erben könnten die vereinfachte Nachbesteuerung auch beanspruchen, wenn die Steuerverwaltung die Unterbesteuerung aufdeckt. Gegenteilige Lehrmeinungen vertreten die Auffassung, die Einleitung eines Verfahrens nach Art. 153a DBG von Amtes wegen durch die Steuerbehörde sei ausgeschlossen, nachdem sie eine Steuerhinterziehung des Erblassers aufgrund eigener Ermittlungen aufgedeckt habe. Aus lit. a der Bestimmung, wonach eine der Voraussetzungen für die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen die Unkenntnis der «Steuerhinterziehung» auf Seiten der Steuerbehörden sei, lasse sich aber das Erfordernis eines Gesuchs bzw. einer Meldepflicht seitens der Erben ableiten. Dieser zweitgenannten Lehrmeinung ist zu folgen. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen Erbin.
  • Urteil vom 9. Dezember 2024 (9C_320/2024): Staats- und Gemeindesteuern (Genf) 2012-2013 sowie Direkte Bundessteuer 2003-2010; Haftungsverfügung; Gegen die beschwerdeführenden Ex-Ehegatten wurden für die streitbetroffenen Steuerperioden Nachsteuern erhoben. Nach der Trennung verlangten die Ex-Ehegatten den Erlass einer Haftungsverfügung. Hiergegen gelangten beide schliesslich an das Bundesgericht, welches die vorgebrachten formell-rechtlich Rügen abwies, zumal die Beschwerdeführer mit ihren Rügen im Wesentlichen auf die materielle Überprüfung der Nachsteuergrundlagen abzielte, was nicht Gegenstand der Prüfung einer Haftungsverfügung sein kann. Abweisung der Beschwerde der Pflichtigen.
  • Urteil vom 19. Dezember 2024 (9C_361/2024) - zur Publikation vorgesehen: Mehrwertsteuer 2014-2018; Die ESTV führte bei der Steuerpflichtigen zwei Kontrollen durch und erliess je eine Einschätzungsmitteilung (EM) für die Steuerperiode 2013 (EM 1) und die Steuerperioden 2014-2018 (EM 2). Dabei nahm die ESTV eine Vorsteuerkorrektur fälschlicherweise in der EM 1 anstatt in der EM 2 vor. Im Mai 2022 anerkannte die Steuerpflichtige die EM 2 ausdrücklich und vorbehaltlos, womit diese in Rechtskraft erwuchs. Die ESTV erliess im November 2022 zwei separate Verfügungen, je eine zur Steuerperiode 2013 (V 1) bzw. zu den Steuerperioden 2014-2018 (V 2). Dabei hob sie die Nachbelastung (Vorsteuerkorrektur) in der V 1 auf und übertrug den streitbetroffenen Betrag widerrufsweise in die V 2. Streitig und zu prüfen war, ob der Widerruf der in Rechtskraft erwachsenen EM 2 rechtmässig erfolgte. Gemäss BGer ist es im Mehrwertsteuerrecht – mangels gesetzlicher Grundlage – unzulässig, wiedererwägungsweise (zugunsten der steuerpflichtigen Person) bzw. widerrufsweise (zugunsten der ESTV) auf eine rechtskräftige EM, eine rechtskräftige Verfügung oder einen rechtskräftigen Einspracheentscheid zurückzukommen. Dies gelte gleichermassen auch für das harmonisierte Steuerrecht von Bund, Kantonen und Gemeinden. Im Mehrwertsteuerrecht sei ein Rückkommen auf die hiervor genannten Entscheide und Entscheidsurrogate nur im Rahmen der Vorgaben von Art. 85 MWSTG oder von Art. 12 Abs. 1 VStrR denkbar. Abweisung der Beschwerde der ESTV.
  • Urteil vom 16. Dezember 2024 (9C_273/2024) (zur Publikation vorgesehen): Bei den vorliegend erhobenen Nachsteuern handelt es sich um Erbschaftsschulden. Die herrschende Lehre geht davon aus, dass die Prozessführungsbefugnis ausschliesslich dem Willensvollstrecker zusteht, womit die Erben nicht befugt sind, ihrerseits Rechtsmittel zu ergreifen. Diese Auffassung wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Steuerschulden des Erblassers als Nachlassschulden der Verfügung durch die Erben entzogen seien, wenn ein Willensvollstrecker beauftragt worden sei. Dieser habe anstelle der Erben und mit Wirkung für diese im Veranlagungs- und Rechtsmittelverfahren zu handeln. Würde jedem Erben neben dem Willensvollstrecker gesondert die Parteistellung zuerkannt, könnte diese Diversifizierung der Interessen unter den Prozessführenden zu einer Verschleppung der Verfahren und mithin auch der Teilung führen, was dem Sinn und Zweck des Instituts des Willensvollstreckers entgegenstünde. Davon klar abweichende Betrachtungsweisen sind laut BGer nicht ersichtlich und aus diesen Gründen drängt es sich gemäss BGer auf, die Prozessführungsbefugnis auch in dem vorliegenden Nachsteuerverfahren ausschliesslich dem Willensvollstrecker zuzugestehen. Es sind den Erben aber diejenigen Verfahrensrechte einzuräumen, die zur Wahrung ihrer Interessen als solidarisch haftende Steuerschuldner unerlässlich sind, insbesondere ist ihnen Einsicht in die Akten zu gewähren; Abweisung der Beschwerde eines Erben.

Nichteintreten:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.