Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 29. Januar - 4. Februar 2024 publiziert wurden:
- Urteil vom 18. Dezember 2023 (9C_732/2022) - zur Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer und Staatssteuer (Solothurn) 2018; strittig war, ob die Prämien für die Krankentaggeldversicherung unter den allgemeinen Versicherungsabzug fallen oder als Gewinnungskosten zu gelten haben, letzteres deshalb, da deren Entrichtung aufgrund des im Gastgewerbe geltenden und als allgemein verbindlich erklärten GAV nicht freiwillig sei; gem. BGer ist das Kriterium der (fehlenden) Freiwilligkeit der Prämienzahlungen zentral; da die Krankentaggeldversicherung gem. GAV obligatorisch war, handelt es sich bei den Prämien nicht um unter Art. 33 Abs. 1 lit. g DBG fallende freiwillig bezahlte Versicherungsprämien, sondern um Gewinnungskosten; konkret fallen die Prämien unter "übrige Berufskosten", für welche Pauschalansätze gelten, wobei der Nachweis höherer Kosten offen steht; den Nachweis, dass die Berufskostenpauschale bereits mit anderen Abzügen ausgeschöpft wurde, erbrachte der Steuerpflichtige nicht; Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 4. Januar 2024 (9C_271/2023): Staats- und Gemeindesteuern (Solothurn) ab 2021; einer selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt einer Solothurner Einwohnergemeinde wurde die Steuerbefreiung in Bezug auf bestimmte Tätigkeiten im Bereich Strom- und Gasversorgung gewährt, da die Anstalt diesbezüglich hoheitliche, vom kantonalen oder Bundesrecht vorgeschriebene Aufgaben erfüllte (für die übrigen Tätigkeitsbereiche wurde die Steuerbefreiung verweigert); die Anstalt bestritt die Verfassungsmässigkeit der neuen solothurnischen Bestimmung zur Steuerbefreiung von öffentlich-rechtlichen Anstalten, was die Vorinstanz mit der Begründung abwies, dass öffentlich-rechtliche Anstalten nur ausnahmsweise in ihren Grundrechten tangiert sein können; gem. BGer ist die Anstalt in den Bereichen, in denen sie wie ein privater Marktteilnehmer agiert, auch solchen gleichzustellen, womit deren Grundrechte zu beachten seien; teilweise Gutheissung der Beschwerde der Anstalt und Rückweisung an die Vorinstanz.
- Urteil vom 5. Januar 2024 (9C_391/2023) - zur Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern (Bern) 2018; Streitig war, ob der Betrag für den (vom Verkäufer bezahlten) Anteil am Erneuerungsfonds als Liegenschaftskosten gemäss Art. 32 Abs. 2 DBG zum Abzug zuzulassen ist oder nicht. Im Urteil 2C_652/2015, 2C_653/2015 vom 25. August 2016 hatte das Bundesgericht entschieden, dass aus Sicht des einzelnen Stockwerkeigentümers die Einzahlung eines Vorschusses oder Beitrags in den Erneuerungsfonds eine definitive Ausgabe darstellt. Ob von einer definitiven Ausgabe des Stockwerkeigentümers ausgegangen werden kann, ist nach dem soeben Ausgeführten jedoch zumindest aus zivilrechtlicher Sicht zweifelhaft. Im Unterschied zu den Steuerpflichtigen im Verfahren 2C_652/2015, 2C_653/2015 ersucht der Beschwerdeführer vorliegend nicht darum, die Unterhaltskosten abziehen zu dürfen, wenn der Erneuerungsfonds die betreffende Aufwendung tätigt. Vielmehr will er als Käufer einer Stockwerkeinheit den Betrag vom steuerbaren Einkommen abziehen können, den er dem Verkäufer für den Anteil am Erneuerungsfonds bezahlt hat. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers lässt sich eine solche Zahlung jedoch von vornherein nicht mit Unterhaltskosten gleichsetzen. Sie ist das Entgelt, das der Käufer dem Verkäufer für die Veräusserung beweglichen Vermögens in Form des Anteils am Erneuerungsfonds bezahlt. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen A.
- Urteil vom 22. Januar 2024 (9C_632/2023): Direkte Bundessteuer 2019 (Zürich); Der Steuerpflichtige besass 2019 acht Liegenschaften im Alleineigentum und zwei weitere Liegenschaften zusammen mit einer anderen Person im Gesamteigentum im Rahmen einer einfachen Gesellschaft. Die Liegenschaften erwarb der Steuerpflichtige unter dem Verkehrswert und ohne Einsatz nennenswerter Eigenmittel mittels Hypotheken, wobei der Bank lediglich die auf den Liegenschaften ruhenden stillen Reserven als Sicherheit dienten. Streitig und zu prüfen war, ob die Veräusserung einer Liegenschaft im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgte (Liegenschaftenhändler) oder diesbezüglich eine schlichte Verwaltung privaten Vermögens vorlag. Das BGer kommt vorliegend zum Schluss, dass der Erwerb von gezielten Liegenschaften unter Einsatz von Fachwissen (Steuerpflichtiger als Malermeister und Mitgesellschafter seit Jahren im Immobilienbereich tätig) und unter dem Verkehrswert mit Fremdkapital, um im Anschluss gewinnbringende Erträge – durch Vermietung oder Veräusserung – zu erzielen, von der Vorinstanz zu Recht als planmässiges, systematisches und gewinnstrebiges Vorgehen und damit als selbständige Erwerbstätigkeit qualifiziert wurde. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 8. Januar 2024 (9C_207/2023): Verrechnungssteuer; Im Januar 2011 verkaufte die B. Ltd. (Marshallinseln) ihrer Tochtergesellschaft, der A. SA (Steuerpflichtige) ihre Beteiligung an der D. SA an für CHF 50'000. Im April 2011 verkaufte die A. SA die gleiche Beteiligung für CHF 730'878 an die C. Sagl. Die Kaufpreisforderung wurde zunächst bei der A. SA, ab 1. Januar 2012 aber bei der B. Ltd. verbucht und schliesslich dieser bezahlt. Die ESTV forderte in der Folge Verrechnungssteuer von A. SA aufgrund verdeckter Gewinnausschüttung in Höhe von CHF 680'878, was vom Bundesverwaltungsgericht allerdings aufgehoben wurde. Das Bundesverwaltungsgericht argumentierte, dass vorliegend eine Globalbetrachtung mit dem kurz zuvor erfolgten unterpreislichen Verkauf an die A. SA vorgenommen werden müsse, und daher verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sei. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend überprüft, ob die Verknüpfung der Geschäfte tatsächlich dokumentiert ist. Bejahendenfalls wäre sodann das Vorliegen einer Steuerumgehung zu prüfen. Gutheissung der Beschwerde der ESTV und Rückweisung an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsabklärung.
Nichteintretensentscheide:
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.